Kapitel 15

Ich schlafe ungewöhnlich lang und wache erst gegen Mittag auf. Ich gehe in die Küche und mache mir erstmal einen Kaffee. Als ich darauf warte, dass er durch die Maschine läuft, fällt mein Blick ins Wohnzimmer. Alles liegt noch genau so, wie Christopher und ich es zurückgelassen haben. Ich muss schmunzeln. Plötzlich habe ich das Gefühl, ich kann seinen Atem auf meiner Haut spüren.

Nach dem Frühstück – oder sollte ich lieber sagen – Brunch mache ich mich auf den Weg zum Supermarkt. Da ich nicht weiß, was Christopher geplant habe, hole ich einfach die Sachen, die ich sowieso kaufen wollte: frisches Obst und Gemüse und noch ein paar andere Dinge. Vor dem Weinregal mache ich Halt. Was wohl Christopher mag – lieblich, trocken, rot oder weiß? Ich denke angestrengt nach und entschließe mich dann letztendlich für einen trockenen australischen Rotwein. Dabei kann man eigentlich so gut wie nie etwas falsch machen. Auf dem Weg zurück zum Auto komme ich an einem kleinen Blumenhändler vorbei, der die ersten Vorboten des Frühjahrs verkauft. Ich nehme einen bunten Strauß mit – etwas Farbe und frischer Duft kann nicht schaden.

Nachdem ich alles weggeräumt habe, fällt mir ein, dass ich mich um den Nachtisch kümmern wollte. Natürlich will ich auch ein richtiges Dessert zaubern und suche mir Nina’s Kochbücher zusammen. Ich entscheide mich für die Pancakes mit gedünsteten Äpfeln und Ahornsirup. Erstens, weil ich weiß, dass ich alle Zutaten im Haus habe und zweitens ist es typisch Kanadisch, was für mich etwas neues ist. Die Sonne scheint durch die Fenster ins Wohnzimmer bis in die Küche und ich bekomme gute Laune. Schnell hole ich meinen iPod und verbinde ihn mit Marcus’ HiFi-Anlage. Rihanna’s „We found love“ dröhnt durch das Haus und ich tanze durch die Zimmer. Seit langem habe ich mich nicht mehr so wohl gefühlt. Das Zubereiten fällt mir heute außerordentlich leicht und ich vergesse bei der Musik und dem Kochen die Zeit.

Um kurz nach 18 Uhr klingelt es an der Tür. Ich hatte mich bereits umgezogen, den Nachtisch warm gestellt und den Tisch gedeckt. Christopher sieht einfach umwerfend aus: eine Daunenjacke, unter der ein einfacher Pullover hervorlugt und eine dunkelblaue Jeans. Seine Wangen sind gerötet von der Dezemberkälte und im ersten Moment will ich ihm am liebsten um den Hals fallen. Er lehnt sich zwischen den Einkaufstüten, die er in beiden Händen hält, zu mir herunter und gibt mir einen Kuss. Ich sauge seinen Duft ein.

„Lass mich Dir helfen. Gib mir eine Tüte.“ biete ich ihm an und er nimmt das Angebot liebend gern an.
„Wow, hier riecht es aber gut. Was hast Du denn gemacht?“
Ich stelle die Tüte auf der Arbeitsplatte in der Küche ab und drehe mich zu ihm.
„Ich hab doch gesagt, dass ich mich um den Nachtisch kümmere.“
Auch er hat jetzt beide Hände frei, kommt zu mir und umarmt mich.
„Aber ich dachte, Du bist der Nachtisch!“ schaut er mich leicht enttäuscht an.
Ich komme ganz nah an sein Gesicht und hauche ihm entgegen: „Wer sagt denn, dass man nicht auch zwei Desserts verdrücken kann?“
„Uuuuuuhhhhh, dann will ich mich mal schnell ans Kochen machen.“

Mir fällt auf, dass Christopher sehr geübt ist, was das Kochen anbelangt. Jahrelange Übung, geht es mir durch den Kopf. Sarah braucht eine gesunde Nahrung und ich kann mir nicht vorstellen, dass Jacob jemand ist, der abends auch des öfteren mal am Herd steht.
„Kann ich Dir helfen, Chris?“
„Gerne, aber nur wenn Du magst.“
Ich lächele ihn an und trete neben ihn. „Also, Chefkoch, was muss ich tun?“
Er erklärt mir ein paar Handgriffe, lässt mich die Salatsoße nach Lawson-Geheimrezept machen und als endlich der Braten im Ofen ist, setzen wir uns auf die Hocker am Küchentisch.
„Ich hab schon wieder ganz vergessen, wie schön es ist, mit jemandem zusammen zu kochen. Früher habe ich das mit Jessica oft gemacht. Meistens am Wochenende, wenn unsere Eltern zu Besuch kamen. Mit Jacob kannst Du das nicht machen. ‚Kochen wäre schwul’ ist meist seine Antwort.“
Ich muss laut auflachen. „Passt zu Jacob“, erwidere ich. „Also kochst Du schon länger? Ich hatte angenommen, Du hast vielleicht erst angefangen, als… naja, als Du dazu gezwungen warst.“
Christopher trinkt einen Schluck Rotwein. „Nein, ich habe es schon immer gemocht. Das hab ich wohl von unserer Mutter geerbt. Übrigens – der Wein ist toll.“
Augenzwinkernd lächele ich ihn an. Ein paar Minuten ist es still und wir schauen uns einfach nur in die Augen. Das Klingeln der Küchenuhr reißt uns aus unseren Gedanken.
„Ich denke, wir können essen, Nicky!“

Das Dinner ist einfach nur Wahnsinn. Ich überhäufe Christopher mit Komplimenten, denn so gut habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gegessen. Nichts gegen Nina’s Kochkünste – sie kocht hervorragend, aber gegen das hier kommt sie nicht an! Immer wieder sucht Christopher meine Nähe – er lässt sein Bein unter dem Tisch zu mir wandern oder berührt ab und an meinen Arm.

Nachdem wir auch den Nachtisch, der mir äußert gut gelungen ist, verputzt haben, räumen wir den Tisch und entscheiden uns, gleich noch das Geschirr zu spülen. Als wir fertig sind, gehen wir mit dem restlichen Wein und unseren Gläsern ins Wohnzimmer und setzen uns auf die Couch.
„Auf einen perfekten Abend“, sagt Christopher und hält mir sein Glas entgegen.
Ich stoße mit ihm an und nehme einen großen Schluck. Dann nimmt er mir den Wein aus der Hand, stellt unsere beiden Gläser auf den Tisch und rutscht näher zu mir.
„Emily könnte heute auch über Nacht bei Sarah bleiben.“ Meine Augen werden groß. „Wenn Du das willst, Nicky!“
Ich nehme meinen Kopf in meine Hände, schaue ihn an und sage: „Du hast keine Ahnung, wie sehr ich das möchte!“
Seine vollen Lippen kommen auf mich zu und ich schließe meine Augen. „Ich liebe Dich“, haucht er, bevor er mich küsst.
Christopher drückt mich zärtlich nach hinten, so dass ich längs auf den weichen Kissen liege.

„Wollen wir da weitermachen, wo wir gestern aufgehört haben?“
Er lässt mir keine Zeit zu antworten, denn schon hat er meine Bluse geöffnet und schiebt seine Hände unter den Stoff. Mit seinen warmen Händen massiert er zärtlich meine Brüste und mein Atem wird schneller. Ich richte mich ein wenig auf und ziehe meine Bluse komplett aus. Fast schon parallel widmet sich Christopher den Ösen meines BHs, die er gekonnt öffnet. Sein Kopf wandert von meinen Lippen abwärts über mein Dekolté und er liebkost meinen kompletten Oberkörper mit Küssen. Mit meinen Händen erkunde ich seine Haut unter seinem Shirt, was ich nach und nach nach oben schiebe. Er hilft mir ein wenig, indem er kurz innehält und mich ihm das Stück Stoff über den Kopf ziehen lässt. Der Anblick seines Sixpacks und seiner Oberarme lässt mich wieder erzittern.
„Sag mal, gehst Du eigentlich ins Fitnessstudio? Du bist so extrem durchtrainiert.“
Er lächelt mich an und sieht dann an seinem Bauch hinunter.
„Wenn Du ein Kind hast, brauchst Du kein Fitnessstudio. Trag Sarah dauernd durch die Gegend, wenn sie nachts nicht schlafen kann und in Nullkommanichts hast Du auch solche Muskeln.“

Plötzlich steht er auf.
„Was ist?“ schaue ich ihn irritiert an.
„Ssssscccchhhh“ haucht er nur und fasst mit einem Arm unter meinen Nacken und mit dem anderen unter meine Beine. Mit einem Ruck hat er mich gepackt und trägt mich nach oben in mein Zimmer.
„Auf dem Teppich war es zwar ganz nett, aber im Bett ist es dann doch gemütlicher – und vor allem weicher!“ sagt er zu mir, während er in mein Zimmer tritt.
Er legt mich sanft auf mein riesiges Bett, schaltet das große Licht aus und knipst eine Lampe gegenüber auf dem Sideboard an. Sofort ist das Zimmer in einem angenehmen warmen Ton erhellt und Christopher’s nackter Oberkörper wirkt in diesem Licht nochmal so erotisch. Er kommt langsam auf mich zu, zieht mir mit viel Fingerspitzengefühl den Rock aus und dann seine Hose. Nur noch mit seiner Boxershorts bekleidet, legt er sich zu mir auf’s Bett und streichelt über meine Brüste. Dann bahnt sich seine Hand langsam den Weg in meinen Slip und ich stöhne auf. Ich ziehe ihn auf mich, spreize die Beine, so dass er sich direkt auf mich legen kann und küsse ihn leidenschaftlich.

Bis in die frühen Morgenstunden lieben wir uns unaufhörlich in jeglicher Stellung und erst gegen 5 Uhr lassen wir langsam voneinander ab. Wir drehen uns beide zueinander und schauen uns einfach nur in die Augen.
„Bitte verlass mich nicht, Nicky! Ein zweites Mal jemanden zu verlieren, der mir alles bedeutet, würde ich nicht verkraften.“
Seine traurigen Augen brechen mir fast das Herz. Ich ziehe mich zu ihm, umarme ihn und geben ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Ich verspreche es Dir. Ich liebe Dich, Christopher! Du hast mir wieder den Glauben an die Liebe zurückgegeben und ich will Dich – Dich und Sarah!“
Eng umschlungen schlafen wir ein.


*****

Am nächsten Morgen werde ich mit dem Duft von frischem Kaffee und aufgebackenen Brötchen geweckt. Wie ich das liebe! Ich schlüpfe in meine Unterwäsche, werfe mir den Morgenmantel über und gehe leise die Treppe nach unten. Der Anblick von Christopher in der Küche bekleidet mit nichts außer seinen Boxershorts lässt mich lächeln. Einen besseren Mann kann man sich nicht wünschen – er sieht gut aus, kann kochen und im Bett kann ich mich auch nicht beklagen.

Leise trete ich von hinten an ihn heran und lasse meine Hände um seine Taille gleiten. Er zuckt zusammen und wirbelt herum. Dabei lässt er fasst den Pfannenwender fallen und ich muss lachen.
„Herr Gott, Nicky, hast Du mich vielleicht erschreckt! Mach das nie wieder – ich bin ein alter Mann! Das verkraftet mein Herz nicht!“
Ich küsse ihn als kleine Wiedergutmachung und flüstere ihm dann ins Ohr: „Dafür bist Du nachts aber noch sehr aktiv.“
Christopher legt den Pfannenwender hinter sich auf die Arbeitsplatte, dreht den Herd aus und küsst mich leidenschaftlich. Dabei schiebt er mich zum Küchentisch und ich lehne mich nach hinten. Er drückt mich auf die Tischplatte und ich schlinge meine Beine um seine Hüfte.
„Ich krieg von Dir einfach nicht genug, Nicky!“
Vorsichtig schiebt er seine Hände unter den Morgenmantel und lässt sie nach unten wandern.
„Mir geht es ähnlich, Chris! Und ich hab keine Lust auf ein langes Vorspiel! Wie hat mal eine Freundin zu mir gesagt: Ein Quickie am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen. Ich hab keinen Kummer, aber das ist ja kein Grund, keinen Quickie zu haben, oder?“
In Christopher’s Augen kann ich sehen, dass er nichts dagegen hat. Ich richte mich auf und lege bei ihm Hand an. Lange dauert es nicht – er sollte recht behalten. Parallel heizt er mich mit seinem Finger an und es vergehen nicht einmal zehn Minuten, bis er in mich eindringt. Er stößt hart zu, als gäbe es kein Morgen und ich schreie vor Glück. Er beißt in meinen Halsansatz, ich kralle mich in seinen Rücken und Schweißperlen rinnen über unsere Körper. Die Bewegungen sind schnell – Christopher gibt ein enormes Tempo vor, doch ich passe mich seinem Rhythmus mit dem größten Vergnügen an. Keine halbe Stunde später liegen wir völlig erledigt nebeneinander auf dem Küchentisch.
„Ich werd hier nicht mehr ruhig am Tisch mit Nina, Mac und Mathilda sitzen können, ohne innerlich zu grinsen.“ sage ich und drehe meinen Kopf zu ihm. Er beginnt, herzhaft zu lachen.

Während ich eine erfrischende Dusche nehme, macht sich Christopher wieder ans Frühstück. Ich komme gerade wieder nach unten, als er den Tisch deckt.
„Würdest Du weiter machen und auf die Pancakes aufpassen? Dann spring ich auch schnell unter die Dusche“, fragt er mich und gibt mir einen Kuss auf die Stirn.
Es dauert nicht lang und wir sitzen gemeinsam zusammen am Tisch – ein wohliges Gefühl überkommt mich. Ich schaue ihm in die Augen und ich möchte die Zeit anhalten. Wieder einmal kann er meine Gedanken lesen.
„Was ist los, Nicky? Was geht Dir durch den Kopf? Erinnert Dich diese Situation an etwas?“
„Naja, es ist nicht wirklich eine Erinnerung. Ich stelle nur gerade fest, dass es schon sehr lange her ist, dass ich mit einem Mann zusammen frühstücke. Abgesehen von Marcus natürlich. Weißt Du, Tom und ich haben kaum zusammen den Tag begonnen. Er war jemand, der bis auf die letzte Minute im Bett lag und sich dann einen Kaffee auf dem Weg ins Büro geholt hat und ich bin das totale Gegenteil. Das hier mit Dir tut so verdammt gut.“
Christopher zieht mich zu sich auf den Schoß. „Wenn Du willst, können wir das von jetzt an öfters machen.“
„Dazu müsstest Du entweder Jacob jeden Morgen aus dem Haus verfrachten oder zu mir kommen. Und ich weiß nicht, wie das Nina und Marcus finden würden.“
Wir beide müssen lachen, doch plötzlich wird Christopher ernst. „Das leidige Thema Jacob, was?“
„Sorry, Christopher, ich wollte nicht da…“
Er fällt mir ins Wort. „Nein, Du hast ja recht. Ich muss mit ihm reden – wir müssen mit ihm reden. Und wir sollten das nicht hinausschieben.“ Seine großen Augen mustern mich. „Weißt Du, ich werde Jacob später anrufen und ihn bitten, nach Hause zu kommen, damit wir reden können.“
Er schaut mich mit einem Blick an, der mich fragt, wie ich mit Jacob wieder ins Reine kommen will. Aber ich habe diesbezüglich noch keine Antwort.
„Halt mich auf dem Laufenden, Christopher. Ich möchte auch gern alles aus der Welt haben, aber ich weiß noch nicht, ob ich das jetzt schon kann.“
„Mach Dir keinen Stress. Wann immer Du dazu bereit bist. Ich werde Dich nicht drängen.“

Nachdem wir beide zusammen das Geschirr gespült haben, macht sich Christopher fertig.
„Wie wär’s, wenn wir morgen wieder mal Eislaufen gehen. Sarah hat mich gestern schon gefragt – die Kleine bekommt einfach nicht genug davon. Ich versprech' Dir auch, dass ich Dich nicht ein drittes Mal zu Fall bringen werde.“
Er bringt mich zum lachen und ich liebe ihn dafür. „Sehr gern. Holt Ihr beide mich ab?“
„Machen wir. Sagen wir so gegen 2 Uhr?“ „Klingt super, ich freu mich!“ Mit einem letzten Kuss verabschiedet er sich von mir.

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